Wie ist die Idee zur Reihe „Lieber Löwenzahn“ entstanden?

Ich bin mit Löwenzahn aufgewachsen, er ist eine besondere Pflanze. Wir haben gepustet, Kränze geflochten und später in den Wiesen gelegen, geträumt und geküsst. Auch heute wächst Löwenzahn in unserem Garten, was uns gefällt. Aber Löwenzahn darf nicht in vielen Gärten wachsen, für viele Gartenbesitzer ist diese robuste kleine Schönheit Feindbild Nr.1. Diese leidenschaftliche Abneigung hat mich beschäftigt.
 

Wie beschreiben Sie Ihren Stil des Arbeitens?

Ich arbeite Wochen manchmal Monate an einem Projekt. Für „Lieber Löwenzahn“ war ich 2017 nicht schnell genug, die Pusteblumensaison endete. Ich musste auf das nächste Frühjahr warten. Als die Pusteblumen endlich wieder im Garten standen habe ich jede freie Minute daran gearbeitet. Das Zeitfenster ist kurz, denn es endet beim nächsten Windstoß…
 

Was sind Ihre ästhetischen Prinzipien und wo finden Sie ihre Motive?

Ich mag es einfach und klar. Das ist oft eine große Herausforderung. Viele Motive finde ich im Alltag. So ist auch diese Serie entstanden. Das erste Löwenzahn-Gesteck war ein Geschenk an mich zum Muttertag. Die Gärtnerin, die den Kindern 1 Cent zahlt, um den Löwenzahn zu köpfen, ist eine Freundin.
 

Inwieweit verarbeiten Sie Persönliches in Ihren Bildern?

Ich denke, sobald mich eine Idee nicht mehr los lässt, hat dieses Interesse mit mir und meinen persönlichen Erfahrungen zu tun. Ob ich will oder nicht.
 

An welchem Projekt arbeiten Sie gerade? Was ist Ihr Herzensanliegen für Ihre Tätigkeit als Fotografin/Fotokünstlerin?

Aktuell arbeite ich an der Serie „Beautiful“. Ich habe immer in den Berliner Innenstadtbezirken gewohnt, dort sind gefühlt alle Bewohner zwischen 20 und 40. Vor fünf Jahren sind wir in den Berliner Südwesten ins Grüne gezogen. Hier prägen viele ältere Menschen das Straßenbild und den Rhythmus. Auf den Gehwegen, im Supermarkt und im Straßenverkehr. Ich fühlte plötzlich das Alter schneller auf mich zukommen.

Die verstärkte persönliche Auseinandersetzung mit dem Alter habe ich in meine fotografische Arbeit aufgenommen. Ich beschäftige mich mit dem Altern, bei Menschen und Dingen. Mich interessiert dabei besonders die Schönheit des Vergehens. Die sehe ich jetzt nämlich auch. Alles hat zwei Seiten und beide Seiten möchte ich zeigen.

 

Die Fragen stellte Dr. Maren Ziese, Kunsthistorikerin, Berlin 2018